Bis in die 90er Jahre ging man allgemein davon aus, dass nur Kinder eine zweite Sprache so wie ihre Muttersprache erlernen können. Kinder, so hieß es, seien äußerst lernfähig wenn es um neue Dinge und vor allem um Sprachen geht. Dies machte Sinn. Denn Kinder müssen eine Sprache lernen, um in der Gesellschaft funktionieren zu können, also muss es Ihnen auch leichter fallen, eine zweite Sprache zu lernen.
Als Sprachwissenschaftler jedoch mit der Analyse der Daten begannen, fanden Sie heraus, dass die Lage doch nicht so eindeutig ist, wie angenommen wurde. Studien zufolge heißt es heute: während junge Lernende gewisse Vorteile beim Erlernen einer Sprache haben, ist es die Erfahrung des Erwachsenwerdens, die älteren Lernenden Zugang zu bestimmten Mitteln und Techniken gibt, die Kindern nicht zur Verfügung stehen.
Während Kinder sich auf natürliche Weise an das Erlernen neuer Dinge anpassen, nutzen Erwachsene dabei ihre Lebenserfahrung. Also ist es nicht unbedingt schwieriger mit zunehmendem Alter eine Sprache zu lernen, sondern einfach nur anders.
Was ist ein Erwachsener überhaupt?
Wenn Sie der Überzeugung sind, dass die Musik früher besser war und die Kinder heutzutage kein Benehmen haben, können Sie sicher von sich behaupten, ein Erwachsener zu sein.
In der Pubertät finden im Gehirn chemische Veränderungen statt. Dies bedeutet jedoch nicht, dass Ihre Fähigkeit zum Erlernen einer Fremdsprache mit den ersten Pickeln verschwindet. Nach einem ziemlich rasanten Umschwung mit ca. 15 Jahren gestalten sich die Veränderungen gleichmäßiger und setzen sich bis zu einem bestimmten Zeitpunkt Ihres Erwachsenenlebens fort.
Nach diesem Zeitpunkt kann das Gehirn laut (der höchst umstrittenen) kritischen-Periode-Hypothese neue Informationen nicht mehr in dem gleichen Maße aufnehmen, wie zuvor. Dies bedeutet also, dass sich das Erlernen einer Fremdsprache herausfordernder gestaltet. Zwar halten viele Wissenschaftler die kritische-Periode-Hypothese für fehlerhaft, gerade dann, wenn es um das Erlernen einer zweiten Sprache geht, jedoch sind sie sich einig, dass junge Lernende gewisse Vorteile haben:
Kognitiv – Erinnerung ist in allen Bereichen der Schlüssel zum Lernerfolg. Bei Kindern ist es so, dass sie Informationen viel einfacher „aufsaugen“, als Erwachsene. Viele behaupten, dass dies auch bei Sprachen der Fall ist. Diese Behauptung wird auf die Tatsache gestützt, dass erwachsene Lernende den „ausländischen“ Akzent in einer Fremdsprache im Gegensatz zu Kindern höchstwahrscheinlich nicht ablegen können.
Motivation – Motivation ist für viele Erwachse eher ein Nachteil, denn es fällt ihnen schwer, die richtige Motivation zum Erlernen einer Sprache zu finden. Kinder hingegen werden durch eine Vielzahl an Faktoren motiviert, u.a. durch ihre Eltern, Prüfungen und den Wunsch zu Kommunizieren.
Strukturell – in der entwickelten Welt steht es den meisten Kindern frei, sich ganz auf ihre Bildung zu konzentrieren. Ein Fortschritt ist mehr oder weniger unvermeidlich, da viele Stunden in der Woche dem Lernen einer Fremdsprache gewidmet werden. Im Gegensatz dazu sind viele Erwachsene bereits zu sehr ausgelastet und müssen erst einmal Zeit zum Lernen einer Sprache finden.
Aber auch Erwachsene haben gewisse Vorteile:
Kognitiv – ältere Lernende haben höher entwickelte kognitive Systeme und können neu erlernte Sprachkenntnisse anhand ihrer grundlegenden Lernerfahrung integrieren. Wenn Sie das Erwachsenenalter erreicht haben, wissen Sie mehr über sich selbst und die Lerntechniken, die bei Ihnen funktionieren. Studien haben gezeigt, dass ältere Lernende in Vokabeltests oft besser abschneiden als junge Erwachsene.
Erfahrung – durch Ihre Lebenserfahrung können Sie im Gegensatz zu den meisten Kindern Zusammenhänge erkennen. Und diese Zusammenhänge sind besonders beim Erlernen einer Fremdsprache hilfreich. Wenn Sie bereits über andere Sprachkenntnisse verfügen, kann dies eine große Hilfe sein. Sie werden merken, dass diese Assoziierungen meist von unerwarteter Seite kommen, sei es durch eine Zeile aus einem Song, durch bekannte Slogans oder sogar durch Dinge, die nicht offensichtlich mit Sprachen in Verbindung stehen.
Kontext – mit zunehmendem Alter verstehen Sie die Bedeutung der Sprache besser. Studien haben gezeigt, dass Erwachsene die diskursiven und konzeptionellen Aspekte einer Sprache erfolgreicher lernen, als Kinder. Während junge Lernende dazu in der Lage sind, grammatikalisch korrekte Sätze mit einem weniger „ausländischen“ Akzent zu bilden, können Erwachsene die komplexen Begriffe und die Ausdrucksweise dieser Ideen besser erfassen.
Aus all dem können wir schließen, dass Kinder und Erwachsene unterschiedlich lernen. Studien haben gezeigt, dass sich junge Lernende tatsächlich einen lokalen Akzent zulegen können – etwas, das für Erwachsene fast unmöglich ist. Wenn Sie jedoch genügend Zeit und Enthusiasmus aufbringen können, ist fließendes Sprechen für Erwachsene im gleichen Maße möglich, wie für Kinder.
Wie können Sie das ideale Lernumfeld für einen Erwachsenen finden?
Während Kinder normalerweise gut auf strenge Sprachübungen reagieren, ist es bei Erwachsenen oft das Gegenteil. Wenn Sie sich als Erwachsener zum Lernen einer Sprache entscheiden, bedarf es mehr als einfach nur dem Ansporn eines Klassenzimmers.
Wenn Sie die Sprache in einem Land lernen, in dem sie auch gesprochen wird, tauchen Sie direkt in die Kultur ein, was Sie wiederum zu intensiverem Lernen motiviert und den praktischen Wert Ihrer sich entwickelnden Fähigkeiten untermauert. Zusätzlich werden Sie dadurch, dass Sie die Sprache in einen Kontext stellen, Zusammenhänge zwischen Theorie und alltäglicher Praxis erkennen. Das reine Lernen von Grammatik mag zwar langweilig sein, bei Gesprächen davon Gebrauch zu machen, ist jedoch ganz und gar nicht langweilig.
Die Arbeit, die Sie während des Unterrichts investiert haben, wird zwangsläufig hilfreich, wenn Sie sich mit jemanden in einem Café unterhalten, im Waschsalon plaudern oder einen Drink in einer Bar vor Ort genießen. In solchen Situationen werden Sie wahrscheinlich auch Audrücke kennenlernen, die einen Sprachlehrer erröten lassen!
Reiseerfahrung stärkt das Selbstvertrauen. Wenn Sie mehr von der Welt gesehen haben, haben Sie auch mehr Bezugspunkte. Selbstvertrauen und Lebenserfahrung sind die Schlüssel zum Lernerfolg bei Erwachsenen: Das jugendliche Gehirn, das wie ein Schwamm alles aufgesaugt hat, gibt es zwar nicht mehr, Ihre Lernerfahrung bietet Ihnen jedoch einen anderen Ansatz beim Erlernen einer Fremdsprache.
Wir sind der Überzeugung, dass Sie als Erwachsener die besten Voraussetzungen zum Erlernen einer Fremdsprache haben, wenn Sie sie interaktiv im Ausland lernen. Der Erfolg liegt in der Kombination aus hochwertigem Sprachunterricht und dem Leben in einer anderen Kultur. Dadurch werden die wesentlichen Anreize geboten, die ein Erwachsener zum Lernen einer Sprache benötigt.
Kursauswahl
Aus Erfahrung wissen wir, dass viele Lernende gern in Gruppen mit Teilnehmern unterschiedlichen Alters sind, während andere lieber mit mehr oder weniger Gleichaltrigen lernen. Studien haben gezeigt, dass sich viele reifere Studenten in einer Gruppe mit faltenfreien jungen Leuten selbstbewusster fühlen, was sie jedoch am Lernen hindern kann. Ein typischer Auslandsaufenthalt-Student ist Anfang bis Mitte Zwanzig, wobei der Altersbereich jedoch enorm variiert und wir regelmäßig Lernende jeden Alters unterstützen.
Aus diesem Grund haben wir vor Kurzem eine Auswahl von Sprachkursen für Studenten über 30in unser Angebot aufgenommen. Für all diejenigen, die lieber in einer älteren Gruppe lernen möchten, sind bestimmte Ziele natürlich attraktiver. Nach dem Erfolg unserer Über-30-Englischkurse in London und Malta haben wir nun auch eine weitere Schule in Dublin. Unserer Meinung nach eignet sich diese Schule optimal für alle zwischen 30 und 50, die ihr Englisch verbessern möchten.
Wir bieten mit einer ganzen Auswahl an Zielen und Sprachen rund um die Welt auch Kurse für Menschen über 50 an.
Auch bei Standorten an denen nicht gezielt Kurse für reifere Studenten stattfinden wissen wir, welche Schulen für die jeweiligen Altersgruppen attraktiver sind und warum. Unsere Berater für Sprachaufenthalte stehen Ihnen gern bei der Suche nach dem für Sie richtigen Ziel und der richtigen Schule zur Verfügung.
Machen Sie also das Beste aus Ihrem Potential: das Einzige, was Sie als Erwachsener garantiert am Erlernen einer Fremdsprache hindern wird ist vor allem, es nicht zu versuchen.
Haben Sie als Erwachsener eine Sprache gelernt, die Sie fließend sprechen? Welche Erfahrung haben Sie gemacht?
Quellen:
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Schulz, Renate A. und Elliott, Phillip, “Learning Spanish as an Older Adult”, in Hispania, Vol. 83, No. 1 (Mar., 2000), pp. 107-119
Swaffar, Janet K.,“Competing Paradigms in Adult Language Acquisition”, in The Modern Language Journal, Vol. 73, No. 3 (Herbst 1989), pp. 301-314
Tochon, Francois Victor,“The Key to Global Understanding: World Languages Education—Why Schools Need to Adapt”, in Review of Educational Research, Vol. 79, No. 2 (Juni 2009), pp. 650-681
Wiley, Edward W., Bialystok, Ellen und Hakuta, Kenji, “New Approaches to Using Census Data to Test the Critical-Period Hypothesis for Second-Language Acquisition”, in Psychological Science, Vol. 16, No. 4 (April 2005), pp. 341-343
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